Wolfgang Walter - “Verwitterung-Quadrat-Korpus-Flächenspiel”
04.04.2009 - 10.05.2009
“Dynamik und Ruhe sehe ich in allen Dingen des Lebens als untrennbare Einheit. Meine Bilder sind der Versuch, diese Einheit sichtbar zu machen”, sagt Wolfgang Walter. Wenn Wolfgang Walter ein Bild “macht”, dann sind da Energien am Werk, die vorderhand nicht mit Kunst in Verbindung gebracht werden. Da wird geschüttet, gekratzt und geschabt, da wird gerüttelt, gewischt, gespritzt. Er putzt, pinselt und streichelt, im Stehen, im Sitzen, im Knien, am Boden, an der Wand, am Tisch. Er bearbeitet die in den Keilrahmen gespannte Leinwand – auch akustisch ist das durchaus ein Ereignis –, dann wieder tritt er zurück, sinnt ein wenig, um sich erneut auf das Bild zu stürzen. Um das bis jetzt Getane wieder zu modifizieren, aufzubauen, zu zerstückeln, zuzuschütten, aufzuschneiden. Während seiner Arbeit überschreitet Walter die Grenzen der Malerei weit, und echte Tiefenräumlichkeit kommt ins Spiel, Relief, eine fragile haptische Qualität. Das ist ein Vorgang, der mit einem starken Materialeinsatz beginnt . Farbe, Sand, Leim etwa werden schnell und heftig aufgebracht, um eine Grundlage zu schaffen, eine machtvolle, gültige Oberfläche. Die eigentliche Arbeit besteht im Verändern dieser Oberfläche, im Bearbeiten der eigenen Materialprämisse,bis der Künstler die Leinwand in einen Zustand gebracht hat, den er als „Bild“ definiert. In diesem Augenblick ist die Arbeit daran beendet. Weitere Modifikationen werden nicht vorgenommen. Eine Oberfläche steht nie für sich allein, immer ist sie nur das Sichtbare, hinter dem sich verbirgt, was verborgen sein soll. Dieses illustre Changieren ist nicht allein ein philosophisches Spiel. Bei Walter ist es die Visualisierung quasi physikalischer Vorgänge. Dass „Verwitterung“ bei ihm eine große Rolle spielt, verwundert nicht. Wind, Regen, Kälte, Hitze setzen Außenwänden zu, mit der Zeit widersteht kein Menschenwerk diesen Elementen. Walter spielt diese Zersetzungsprozesse nach, er beschleunigt die Zeit und lässt in rasender Geschwindigkeit seine selbst hergestellten Oberflächen „altern“, nicht um ihnen ihre Geheimnisse zu entreißen, sondern – im Gegenteil – um sie zu Trägern einer immensen Fülle an Geheimnissen aufzuladen. Dr. Peter Laub Kunsthistoriker und Fotograf Salzburg, im November 2008